Ein Bericht…!
…über die Restaurierung der Julius Strobel-Orgel von 1858 in Sangerhausen St. Ulrici.
…über die Restaurierung der Julius Strobel-Orgel von 1858 in Sangerhausen St. Ulrici.(OBM P. Dohne)
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- 1. Der Orgelbauer Julius A. Strobel
Borna und bei Schulze/Paulinzella. Von Schulze hatte er einige Bauprinzipien übernommen. Bezeichnend hierfür ist der Prospekt, der unabhängig vom chromatischen Verlauf der Windla-den, erbaut wurde. Strobel übernahm die von Schulze eingeführte Trennung des inneren Auf-baus der Orgel vom Prospekt, die strahlenförmige Tontraktur ohne Wellenbretter und Windla-denkonstruktionen. 1843 eröffnete Strobel in Frankenhausen seine eigene Werkstatt. Hier hei-ratete er 1844 Christine Weißenborn, die Tochter eines Lehrers und Organisten.
Strobel gehört neben Schulze/Paulinzella und Knauf/Gotha zu den bedeutenden Orgelbauern der 2. Hälfte des 19.Jahrhunderts in Thüringen.
einige Bilder von der Restaurierung…
- 2. Daten der Orgel
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-
Erbauer der Orgel:
Baujahr:
Manuale:
Register:
Windladen:
Traktur:
Standort:
Gehäuse:
Prospekt:
Spielschrank:
Balg:
Motor:
Umdisponierung:Julius Strobel (1814-1884) / Bad Frankenhausen
1858
II/P
20
Schleifladen
mechanisch
Empore
Eiche, rotbraun gebeizt
neuromanischer Prospekt um 1892,
mit stummen Prospektpfeifen
am Untergehäuse
Doppelfaltenbalg hinter der Orgel
„Ventus“, hoch rechts, ca. 40 Jahre alt
1948 durch Orgelbauer W.Nürkens / Eisleben
- 3. Disposition der Orgel
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1858 I. MANUAL C-d’’’ Hauptwerk 09. Mixtur 4f |
Änderungen 1948 Flöte 4’ 1900 Schweizerflöte 8’, 1948 Salicional 8’ |
(nächste Seite – Geschichte der Orgel) {mospagebreak title=2. Geschichte der Orgel }
- 4. Geschichte der Orgel
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7 – 9 – 7
Um 1900 wurden zwei Register entfernt und gegen Register des damaligen Zeitgeschmackes ausgetauscht.
- 1. Schweizerflöte 8’ für Cornett 2-3f I. Manual
- 2. Aeoline 8’ für Principal 4’ II. Manual
- Flöte 4’ für Gamba 8’ I. Manual
- Quinte 2 2/3’ für Schweizerflöte 8’ I. Manual
- Mixtur 2-3f für Mixtur 4f I. Manual
- Salicional 8’ für Geigenprincipal 8’ II. Manual
- Schwebung 8’ für Flauto traverso 8’ II. Manual
- Octave 2’ für Aeoline 8’ II. Manual
- Choralbass 4’ für Violon 8’ Pedal
- Posaune 16’ Stilllegung Pedal
Die Orgel wurde seit ca. 30 Jahren nicht mehr gespielt.
(nächste Seite – Zustand der Orgel 2004 vor der Restaurierung){mospagebreak title=3. Zustand der Orgel 2004}
- 5. Zustand der Orgel 2004 vor der Restaurierung
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Nach einer intensiven Besichtigung des Instrumentes durch die Firma W.Sauer am 18.10.2004 wurde festgestellt, dass eine umfassende Restaurierung möglich, sinnvoll und notwendig ist. Sowohl die technische Anlage wie auch das Material des Instrumentes ließen eine sehr gute Qualität und solide Fertigung erkennen. Es wurde der nachfolgende Zustand angetroffen:
- Die Orgel ist nicht spielbar.
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Das Instrument ist stark verschmutzt, es gibt Holzwurmbefall. Das Instrument ist mit Folie abgedeckt, sie wurde aber teilweise entfernt und bietet somit heute keinen Schutz mehr
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Das Gewölbe über der Orgel muss saniert werden.
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Das Pfeifenwerk wurde durch Umdisponierungen verändert und teilweise vom Originalplatz auf der Windlade entfernt.
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Die originalen Strobelmetallpfeifen haben grosse Fussöffnungen und eine kernige Intonation. Die Pfeifen haben Tonlänge, Pfeifenmündungen sind beschädigt.
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Die Holzpfeifen haben z.T. starken Holzwurmbefall.
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Die Zungenregister sind ausgelagert, eine Vollständigkeit konnte dadurch nicht überprüft werden.
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Die Manualladen haben Wasserschäden, es gibt Durchstecher und die ganze Orgel heult beim Anschalten des Windes. Die Windladen als Kernstück der Orgel sind defekt.
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Die Tontraktur ist robust gefertigt. Alle Mechanikglieder und Verbindungen sind gross di-mensioniert. Die Traktur ist schwergängig.
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Der Doppelfaltenbalg und die Kanalanlage sind undicht.
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Das Gehäuse sollte in der Oberfläche überarbeitet und aufgefrischt werden.
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Der heute unbestrittene Denkmalwert der Strobel-Orgel und die Bedeutung des Orgelbauers Strobel für den Thüringer Raum und dem südlichen Harzgebiet wird im Gutachten vom 28.08.2003 von Dr.Brülls/Landesamt für Denkmalpflege Sachsen-Anhalt, eindrucksvoll beschrieben.
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Die Orgel sollte nach strengen denkmalspflegerischen Grundsätzen restauriert und klanglich auf die Originaldisposition zurückgeführt werden.
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Wichtig für die geplanten Bauarbeiten in der Kirche ist der Schutz vor weitern Beschädigungen. Das Pfeifenwerk und die geschädigten Windladen, die sowieso in der Werkstatt restauriert werden sollten, müssen ausgebaut und das Instrument abgedeckt und geschützt werden.
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Die Firma W.Sauer legte am 29.10.2004 das Angebot Nr. 041001 zur Restaurierung der Orgel vor.
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Der Gemeindekirchenrat erteilte am 08.03.2005 den Auftrag zum Ausbau und zur Einlagerung der Orgel. Der Abbau der Orgel und die Einlagerung in die Werkstatt der Fa. Sauer erfolgte vom 29.08.-02.09.2005.
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Am 05.12.2008 erteilte der Gemeindekirchenrat St.Ulrici der Fa. W. Sauer den Auftrag zur Restaurierung der Orgel nach dem aktualisierten Angebot Nr. 041001.1 vom 23.11.2007.
(nächste Seite – Die Restaurierung der Orgel){mospagebreak title=4. Restaurierung der Orgel}
- 6. Die Restaurierung der Orgel
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1. Pfeifenwerk :
- Reinigung und Überarbeitung der Metallpfeifen, verbeulte Pfeifen wurden ausgerundet, alle Lötnähte überprüft.
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Beschädigte Pfeifenmündungen und Stimmvorrichtungen wurden überarbeitet und nachgelötet, die Bärte gereinigt, die Kapseln der gedeckten Pfeifen nachgedichtet.
- Überarbeitung der Holzpfeifen, Abdichten der Spunde mit Filz und Leder, defekte Verleimungen wurden beseitigt.
- Die Holzpfeifen wurden gegen Holzwurm mit dem Wurmschutzmittel Basiment BV behandelt.
- Restaurierung der Trompete 8’ I.Manual.
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Restaurierung der vorhandenen Unterteile der Posaune 16’, dabei mussten einige stark verwurmte Holzköpfe erneuert werden. Die Schallbecher aus Holz wurden 1948 entsorgt. Die Holzschallbecher konnten nach den vorhandenen Stiefeln auf den Pfeifenstöcken und nach Mensur der Posaune 16’ in der Strobel-Orgel in Bad Franken-hausen rekonstruiert werden.
- Die Prospektpfeifen aus Zink erhielten einen Oberflächenschutz aus Silberbronze.
2. Rekonstruktion der Register :
- 1. Gamba 8’ C– d3 I. Man.
C – H Holz 1858
c – h aus Quinte 2 2/3’ I.Man. angelängt
c1- fs1 aus Octave 2’ I.Man.
g1- d3 Zinn neu
- 2. Cornett 2 – 3f I.Man.
Nach dem Entfernen des Überstockes konnte der Tonumfang festgestellt werden.
Beginn ab c1 = 2fach und ab h1 = 3fach.
Zusammensetzung:
c1 = 2 2/3’ – 1 3/5’
h1 = 4’ – 2 2/3’ – 1 3/5’
Bei der Rekonstruktion konnten teilweise Pfeifen der Quinte 2 2/3’ übernommen werden.
- 3. Mixtur 4f I.Man.
Nach dem Entfernen des Überstockes konnten der Tonumfang und die Repetitionspunkte ermittelt werden.
Zusammensetzung 1948:
C = 1 1/3’ – 1’
a = 2 2/3’ – 1 1/3’ – 1’
Rekonstruktion 2010:
C = 1 1/3’ – 1’ – 2/3’-1/2’
c = 2′ – 1 1/3’ – 1’ – 2/3’
g = 2 2/3’ – 2’ – 1 1/3’ – 1’
g1= 4’ – 2 2/3’ – 2’ – 1 1/3’
Bei der Rekonstruktion konnten teilweise Pfeifen der Mixtur 2-3f übernommen werden.
- 4.Geigenprincipal 8’ II.Man.
C – H Holz neu
c – e 1858 aus Choralbass 4’ Pedal
f – d3 Zinn neu
- 5.Flauto traverso 8’ II.Man.
C – D Transmission mit Gedact 8’ 1858
Ds– fs Holz neu
g– d3 Holz rund 1858
- 6. Principal 4’ II. Man.
C- d3 Zinn Rekonstruktion 2010
- 7. Violon 8’ Pedal
C – c1 Rekonstruktion 2010
- 8. Posaune 16’ Pedal
C – c1 Holzschallbecher Rekonstruktion 2010
Das Material und die Mensuren wurden nach Strobel rekonstruiert.
Die umgearbeiteten Pfeifen werden zurückgeführt.
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3. Windladen :
- Die Windladen wurden gereinigt, Abbau der Stöcke und Schleifen,
- Ausbau der Ventile und Pulpeten.
- Ausspänen und Leimen des gerissenen Grundkörpers.
- Abrichten der gespundeten Schleifladen.
Die Berechnung der Ventilschlitze ergab einen viel zu grossen Durchlass, es ist die Hauptursache der schweren Spielart. Der Durchlass wurde durch Einleimen von Hölzern verkleinert. Die Maßnahme ist reversibel.- Alle Ventile wurden 2 fach neu mit Schafleder beledert.
Einbau neuer Ventilfedern aus Stahl. Die vorhandenen Messingfedern sind im Material ermüdet und halten nicht die Spannung. Sie werden aufgehoben.- Überarbeitung der Pulpeten und der Abzugsdrähte.
Stöcke und Schleifen werden wurden neu aufgepasst. Die Stockbohrungen auf der Windlade erhielten Filzscheiben und die Stöcke Ringdichtungen, um das Festsitzen der eichenen Schleifen bei Zunahme der Feuchtigkeit zu verhindern.- Überarbeitung der Raster und Anhängungen.
Die rekonstruierten Register wurden auf ihren alten Plätzen auf der Windlade aufgepasst, dabei mussten fehlende Rasterbretter erneuert werden. Überstöcke von 1948 wurden entfernt. Die zugedübelten Bohrungen der Schwebung 8’ ab c, wurden für die Flauto traverso 8’ im II. Manual wieder geöffnet.
4. Windanlage :
- Reinigung und Überarbeitung des Doppelfaltenbalges und des Rollenventils.
- Überarbeitung und Papieren der Kanalanlage.
- Winddichten der Anlage.
- Der vorhandene Motor „Ventus 13/120, Ausblasöffnung Hoch rechts, 1400 U/min wurde zur Geräuschdämmung und zum Staubschutz in einen Schutzkasten gestellt.
- Der Winddruck wurde mit 70 mm WS eingestellt.
5. Tontraktur :
- Überarbeitung und Regulierung der Tontraktur.
- Austausch verschlissener Teile.
- Austausch defekter Abstrakten, Abstraktendrähte und Ledermuttern.
- Überarbeitung der Winkel, der Stecher, des Pedalwellenbrettes.
- Alle Trakturglieder wurden auf Halbgang gestellt.
6. Registertraktur :
- Überarbeitung der Registerwinkel, Zugstangen, Schwerter und Schleifenangriffe.
- Beseitigung von Geräuschen und Leergang.
7. Spieltisch :
- Reinigung und holztechnische Aufarbeitung des Spieltisches.
- Aufarbeitung der Klaviaturen, der Backen und Zierleisten. 8 ausgespielte Knochenbeläge des I. Manuals wurden ausgetauscht.
- Überarbeitung und Regulierung der Tasten, Winkel und Stecher.
- Die Koppeln wurden überarbeitet und reguliert.
- Aufarbeitung der Pedalklaviatur und der Orgelbank.
- Lieferung einer Noten- und Pedallampe sowie eines dezenten Motorschalters.
- Die unschönen elektrischen Schalter im Spieltisch wurden aus ästhetischen Gründen entfernt.
- Die Pedalbeleuchtung dient gleichzeitig als Motorkontrolle.
- Aufarbeitung der Manubrien mit Nigrosin und Schellack.
- Die fehlenden Registerschilder aus Porzellan: Cornett 2-3f, Principal 4’ und das beschädigte Schild Posaune 16’ wurden rekonstruiert.
(nächste Seite – Fortsetzung: Rekonstruktion der Orgel){mospagebreak title=6. Fortsetzung: Restaurierung}
8. Orgel / Gehäuse :
- Reinigung sämtlicher Orgelteile und das Orgelinneren.
- Verschliessbarmachen der Gehäusetüren, Überarbeitung der Schlösser,
- Lieferung fehlender Schlüssel.
- Die aufgearbeiteten Windladen, Kanäle, Ton- und Registertraktur sowie der anderen Orgelteile wurden wieder eingebaut.
- Es erfolgte eine Wurmschutzbehandlung mit Basiment BV.
- Das Gehäuse wurde in einem Zusatz gereinigt, abgeschliffen, holztechnisch aufgearbeitet und geölt.
9. Intonation / Stimmung :
- Die restaurierten Register wurden im Betrieb vorintoniert.
Die Pfeifen wurden dann wieder registerweise in die Orgel eingebaut und unter Berücksichtigung des Winddruckes von 70 mm WS behutsam intoniert. Die Intonation wurde von bewährten Mitarbeitern der Fa. Sauer ausgeführt, die eine lange Erfahrung in der Intonation denkmalgeschützter Orgeln haben. Eine Exkursion an Strobel-Orgeln vertiefte den Klangeindruck und Prinzipien dieser Instrumente.Zum Schluss erfolgt eine Generalstimmung, die vorhandene Stimmton-höhe 448,5 Hz bei 17,5 °C und das gleichstufig temperierte Stimmsystem wurden beibehalten.
Die Strobel-Orgel wurde vor dem Verfall gerettet. Das Werk mit seinen musikalischen Möglichkeiten gehört künftig zu den bedeutenden histori-schen Orgeln in Sachsen-Anhalt.